Der österreichische Superschwimmer Markus Rogan (u.a. zweimal Olympiasilber, neunmal EM-Gold) trainierte nach seinen vierten olympischen Spielen (2012, London) auch in ein einem Wiener Fitnessclub mit 25-Meter-Becken. Rogan wollte sich lediglich fit halten, für alle anderen war aber alleine das beeindruckend: Wo sie Vollgas gaben, überholte Rogan – ohne die Arme zu bewegen. „Schwimmst du bergab?“ staunten die Überholten. „Nein, aber länger“, lautet die lachende Antwort – und dann kam ein Nachsatz: „Wenn ich zwei Wochen nicht schwimme, muss ich es aber wieder lernen.“

Natürlich meinte der Goldfisch damit nicht, dass nach Schwimmflügel bräuchte. Aber er traf etwas zentrales: Auch Spitzensportler dürfen nie aufhören zu trainieren. Nicht nur, weil sonst Kraft und Ausdauer nachlassen – sondern weil die Technik verliert, wer nicht dauernd perfektioniert. Und auch das, was Schwimmer „Wassergefühl“ nennen: Das Gefühl, im Wasser daheim zu sein. Nur dann funktioniert Schwimmen so elegant, schwere- und allem Anschein nach mühelos und so schnell und wendig, dass es Staunen macht: „Wie ein Fisch im Wasser.“

Schwimmen ist eine perfekte Metapher. Im leben allgemein – und besonders im Verkauf: Der „Fisch im Wasser“ ist ein guter, der „Hecht im Karpfenteich“ der bessere im Geschäft. Das Wasser keine Balken hat, es besser ist, „Oberwasser“ zu haben als es „bis zum Hals“ stehen zu haben, ist bekannt. Der „Sprung ins kalte Wasser“ ist bei Nichtschwimmern kein Wagnis, sondern Selbstmord. Und „untergehen“ … : Schwimmkompetenz, im Sinne von „nicht ertrinken“, steht deshalb als „Muss“-Aufgabe in den Grundschullehrplänen. Zurecht.

Doch zwischen „nicht ertrinken“ und Schwimmen liegen Welten. So wie zwischen verkaufen und verkaufen: Sich brustschwimmend, den Kopf hoch in die Höhe gereckt, über eine 25 Meter-Beckenlänge zu retten, hat mit „Schwimmen“ so viel zu tun, wie der Satz „irgendwo dort hinten im oberen Regalbereich“ im SB-Baumarkt mit einem Immobilien-Millionenabschluss: Nichts – obwohl in beiden Fällen etwas verkauft wird.

Einen guten Verkäufer erkennt man so leicht wie einen guten Schwimmer. Sogar, wenn er gerade nicht Vollgas gibt: An der Haltung. An der Ausstrahlung. Ein guter Schwimmer liegt auch dann perfekt und ruhig im Wasser, wenn er nur mit den Kindern plantscht. Er strahlt Sicherheit, Ruhe, und Können können aus. Und Vertrauen. Ohne dass ein Wort gesprochen wurde. Im Geschäftsleben ist das der halbe, wenn nicht zwei Drittel des Abschlusses.

Doch Sicherheit und Erfolg fallen nicht vom Himmel. Hinter ihnen steckt immer langes und intensives Training. Ständiges Kontrollieren und Nachbessern der eigenen Performance. Weil Kunden rasch spüren, was begründetes Selbstvertrauen und was hohle Phrasendrescher- und Angeberei ist – und sich abwenden.
Schlechte Verkäufer erkennt man dann daran, dass ihr Misserfolg Schuld anderer ist: Der dumme, anmaßende Kunde. Der unzuverlässige Lieferant. Der böse Mitbewerber.
Freilich: Auch gute Verkäufer gewinnen nicht immer. Aber sie tun dann genau das, was auch Markus Rogan, was jeder Spitzensportler dann tut: Hinschauen. Analysieren, was der Sieger richtig und man selbst weniger gut gemacht hat. Und dann: Wieder ins Wasser gehen. Und schwimmen, schwimmen schwimmen. Damit man das „Wassergefühl“ nicht verliert.